Ein Insider packt aus: Die ganze Wahrheit über das Service-Partner-Programm von Apple
Ist Apple bereit dazu, den freien Reparaturwerkstätten eine faire Chance zu geben? Bekommen alle Reparaturbetriebe bald Apple-Originalersatzteile? Steffen Vangerow glaubt nicht daran. Im Gegenteil. Seiner Meinung nach verhindert Apple mit den extrem hohen Anforderungen die Möglichkeit einer Zusammenarbeit. Dadurch entsteht der Eindruck, als sei Apple nicht wirklich daran interessiert, viele Reparaturwerkstätten für das Programm für autorisierte Apple Service Provider (AASP) zu gewinnen.
Wer Partner werden will muss erstmal tief in die Tasche greifen
Apple stellt Anforderungen, die kleinere Betriebe fast unmöglich erfüllen können. Wer mit seiner Werkstatt ein autorisierter Partner von Apple werden möchte (AASP) muss viel Zeit mitbringen und ordentlich in Vorleistung gehen. Apple will das Risiko natürlich so klein wie möglich halten. Aus diesem Grund müssen die angehenden Partner z. B. eine Bürgschaft (Bankaval) über 10.000 $ von einer Internationalen Bank vorweisen können. Eine Bürgschaft von meiner Hausbank würde von Apple erst garnicht akzeptiert werden. Und als würde die Bürgschaft nicht ausreichen, fordert Apple sogar noch Finanzunterlagen meines Betriebes. Eine Verschwiegenheitserklärung ist bei Apple natürlich obligatorisch. Wer iPhones und Co. reparieren will, der muss dafür das Werkzeug von Apple verwenden. Die Erstausstattung für die Werkstatt schlägt mit 5000-10.000 Euro zu Buche. Welcher kleine Betrieb soll sich das bitte leisten können?
Wer kein Englisch kann, der hat schlechte Karten
Der US-amerikanische Konzern hält es nicht für notwendig seine Verträge für das AASP auf deutsch zu übersetzten. Wer also kein fließendes Englisch spricht, der hat schon verloren. Da sich die Europa-Niederlassung von Apple in Irland befindet, sind die Verträge nach internationalem Recht verfasst. Solange alles glatt läuft ist das ja kein Problem. Sollte es jedoch zu einem Rechtsstreit kommen, dann muss ich mir einen internationalen Anwalt besorgen, da die Klage in Irland eingereicht werden muss. Alles in allem ist das für mich absolut nicht tragbar. Wer wirklich Partnerwerkstätten in Deutschland gewinnen möchte, der geht meiner Meinung nach anders vor!
Erst die Schulung, dann die Reparatur
Natürlich möchte Apple sicherstellen, dass die Geräte auch fachgerecht repariert werden. Und da Apple den freien Werkstätten grundsätzlich nur sehr wenig Vertrauen entgegenbringt, müssen im Zuge der Autorisierung erst einmal langwierige Reparatur-Schulungen von allen Technikern besucht und bestanden werden. Denn nur Techniker, die von Apple zertifiziert sind, dürfen Reparaturen durchführen. Ohne die Teilnahme an diesen Weiterbildungen, wird kein Betrieb von Apple autorisiert. Wer nach diesem langwierigen Zertifizierungsprozess endlich eine Autorisierung von Apple bekommt, der kann sich nicht allzu lange darüber freuen, denn Apple sichert den Werkstätten die Partnerschaft nur für 1 Jahr zu. Was passiert nach diesem Jahr?!
Apple will alles über meinen Betrieb wissen
Des Weiteren fordert Apple Bilder von der Betriebsstätte. Mithilfe der Bilder überprüft Apple, ob meine Werkstatt auch „standesgemäß“ ist. Laut Apple muss eine Werkstatt zwingend einen Rezeptionsbereich besitzen, welcher den Kundenbereich von der Werkstatt trennt. Warum ist das so? Ganz einfach: Apple möchte nicht, dass der Kunde sieht, wie sein defektes Smartphone repariert wird geschweige denn soll er die Ersatzteile sehen.
Lage, Lage, Lage!
Die Lage der Werkstatt spielt für Apple ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie muss deutlich sichtbar und gut erreichbar sein. Natürlich sollte sie auch über viele Parkplätze verfügen. Und als wäre das nicht schon genug, fordert Apple auch eine gute Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel. Wohnadressen sind nicht zulässig und werden nicht berücksichtigt. Letztendlich können doch sowieso nur die großen Fachmarktketten diesen, meiner Meinung nach überzogenen, Ansprüchen gerecht werden. Kleine Werkstätten in einer ruhigen Lage werden wohl kaum die Chance haben sich autorisieren zu lassen. Für mich ist das einfach nur diskriminierend.
Werden wirklich alle gleich behandelt?
Sucht man auf der Webseite von Apple nach AASP, dann findet man bis auf ein paar Ausnahmen, nur Mediamarkt und Saturn Märkte.
Diese Märkte haben es scheinbar in kürzester Zeit geschafft, sich autorisieren zu lassen. Aber mal ehrlich, wie gut ist der Service der großen Elektrofachmarktketten wirklich? Was Reparaturen angeht können wir freien Werkstätten doch locker mithalten. Fast wirkt es, als würde es Apple nicht darum gehen, den Kunden mit einem guten Service zufrieden zu stellen und ihm eine ordentliche Reparatur anzubieten, sondern vermutlich geht es einfach nur darum möglichst viel Kapital aus der ganzen Sache zu schlagen.
Kunden müssen ordentlich Geduld aufbringen
Ich habe für euch mal ein bisschen recherchiert und fand heraus, dass Apple nur wenig Interesse daran hat, dass defekte Geräte tatsächlich repariert werden. Laut einigen YouTube-Videos können autorisierte Werkstätten nur das Display und den Akku austauschen. Alle anderen Defekte wie z. B. die Ladebuchse werden und dürfen anscheinend nicht repariert werden. In solchen Fällen bieten die autorisierten Werkstätten, so wie von Apple vorgegeben, einen Austausch des Gerätes an. Die Ersatzteil-Strategie von Apple ist also auf das absolute Minimum reduziert. Deshalb möchte Apple auch am liebsten nur dann vergünstigte Ersatzteile herausgeben, wenn man eine Seriennummer oder IMEI Nummer angibt. Will man als Werkstatt aber Ersatzteile auf Lager haben, muss man mit hohen Preisen rechnen und eine Bearbeitungsdauer von 1-2 Wochen rechnen. Wer also nicht viel Geld in ein Ersatzteillager investieren kann oder möchte, braucht verständnisvolle Kunden.
Bei Garantiefall Vorkasse!
Handelt es sich bei einem Defekt um einen Garantiefall, dann muss ich als autorisierte Werkstatt zuerst einmal in Vorleistung gehen. Das defekte Bauteil muss für eine Überprüfung an Apple geschickt werden. Erst nach erfolgreicher Prüfung erstattet Apple die Kosten für das Ersatzteil. Was lernen wir aus dieser Sache? Transparenz und Kundenfreundlichkeit scheinen bei Apple eher nebensächlich.
Mein Fazit
Apple unterdrückt und erschwert die Reparatur für freie Werkstätten immens. Wer keine Zertifizierung hat, kann die neuen iPhone-Modelle fast nicht mehr reparieren. Dadurch schließt Apple kleine Werkstätten nahezu vollständig von der Reparatur aus. Wer nicht über genügend Kapital verfügt oder keine perfekte Lage mit ausreichend Platz vorweisen kann, der wird von Apple als Partner erst gar nicht in Betracht gezogen. Bevor man sich autorisieren kann, müssen erst einmal zeitintensive Schulungen besucht werden. Die Werkstattausstattung kostet mehrere tausend Euro und die Lieferung der Ersatzteile erfolgt selbst für autorisierte Partner nur unter erschwerten Bedingungen. Die Abhängigkeit von Apple ist immens! Für mich ist das eine absolute Frechheit! Deshalb stehe ich voll und ganz hinter der Smartphone-Allianz. Werde auch du Mitglied und kämpfe mit uns für bessere Reparaturbedingungen!
Quellen (u. a.):
- https://support.apple.com/de-ch/aasp-program
- https://support.apple.com/de-de/irp-program
- https://www.youtube.com/watch?v=0rCUF-V1esM